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Die Bewältigung der eigenen Vergangenheit

Mittwoch, November 1st, 2006

Vor kurzem erhielt ich einen Anruf eines weiter entfernten Familienmitgliedes mit der Bitte, eine (schon lange verstorbene) Person aus dem Stammbaum zu löschen. Diese Person war entsetzt darüber, dass es bei der Google-Suche gleich der erste Treffer war! Die Menschen in dem Ort würden sicher auch danach suchen und das sollten sie nicht finden! Was genau das ist, erfuhr ich nicht. Aber während des Telefonats dämmerte mir, dass es sich um einen Eintrag mit einem dieser alten Soldatenfotos handeln musste. Erwähnt wurde das Bild allerdings mit keiner Silbe – nur immer wieder die Bitte, die Person zu löschen. Es wurde noch vielsagend auf eine SPD-Angehörigkeit hingewiesen und dass es ein Unternehmen mit gleichem (Nach)Namen gäbe, sonst aber wenig konkretes zu den Hintergründen. Der Unterton verriet allerdings, dass dies schon eine völlig plausible Begründung ist und es keiner weiteren bedarf. Es sei der Person überdies unklar, warum ich einen Stammbaum anfertige, warum ich ihn so nenne, wie er heißt, ich hätte ihn ja auch anders nennen können (die Geburtsnamen meiner Eltern zu nehmen, ist ja auch absurd) und warum ich die zu löschende Person überhaupt eingefügt habe. Es stimmt zwar, dass sie für die direkte Linie meiner Vorfahren keine Rolle spielt, aber da es sich bis dahin nachvollziehen ließ, hielt ich die Vollständigkeit für sinnvoller als die Beschränkung auf die gerade Linie der Ahnen.

Ich akzeptiere diese Bitte natürlich, wenn gleich ich die (unausgesprochene) Begründung nicht vollständig nachvollziehen kann. Aber vielleicht ist es ja wirklich so, dass die Menschen in dem Ort so spießbürgerlich und verbohrt sind, wie ich es mir aus den Worten zusammenreimen konnte. Alte Menschen in kleinen Dörfern ticken vielleicht wirklich etwas anders. [Aber benutzen alte, anders tickende Menschen in kleinen Dörfern das Internet? Und läßt die Antwort nicht den Schluss zu, dass auch die jüngeren Menschen in kleinen Dörfern anders ticken?? Und btw: das Dorf ist gar nicht soo klein!] Aber lassen wir diese Überlegungen und nehmen diesen speziellen Wunsch einfach so hin. Als Information. Als kleine familiäre Anekdote.

Nachdem wir das Gespräch beendet hatten, sah ich mir den Eintrag an. Er enthielt ein Portrait-Foto eines recht gut aussehenden Mannes mittleren Alters (was schwierig zu schätzen ist auf alten Fotos) in Uniform. Auf dem Revers, gerade noch zu erahnen, einen kleinen Anstecker, den ich als Totenkopf identifizierte. Demnach ist wohl davon auszugehen, dass er Mitglied der Totenkopfverbände war. Das erklärt natürlich die Empörung. Andererseits finde ich die Reaktion etwas übertrieben, wenn ich davon ausgehe, dass jeder Erwachsene mit gesundem Menschenverstand zwischen zwei Personen zweier Generationen unterscheiden kann. Es kann ja schließlich niemand was für seine Eltern oder Großeltern. Es gab die Kriege und es gibt zu jeder Zeit Menschen, die die falschen Entscheidungen treffen – die auf der falschen Seite stehen. Sicher ist zwischen denen zu differenzieren, die als Soldaten eingezogen wurden mit der Aufgabe das Mutterland zu verteidigen und im Ernstfall auch einen anderen Menschen zu töten und denjenigen, die sich freiwillig der SS oder anderen Pupsköppen des gleichen Schlages angeschlossen haben.

Aus meiner Sicht ist hier ein klitzekleines bisschen Vergangenheitsbewältigung angesagt – nur mal so am Rande. Und eine einfache Bitte, das Foto zu löschen, hätte es m. E. auch getan. Aber gut *seufz*

U-Bahn-Erlebnisse II

Mittwoch, November 1st, 2006

Mancher sieht aus wie seine eigene Karikatur:
Honk und seine Perle sitzen mir gegenüber in der Bahn, zwischen ihnen ist ein Platz frei. Es scheint irgendwie uncool zu sein, so dicht neben der Frau zu sitzen, die er vielleicht liebt. Außerdem kann er kaum breitbeiniger sitzen, so dass es direkt daneben für sie eh eng geworden wäre. Seine Haare sind schulterlang und nach hinten gegelt, er trägt eine Jeans mit Bündchen! und hellen Flecken.

(Wasserstoff-)Blondie und trägt eine dieser Nikki-Trainingshosen mit völlig unpassenden, biederen Schuhen, die das Gesamtbild irgendwie stören. Es ist ein bisschen, als ob sie zu Hause sittsam gekleidet *kicher* losgegangen ist, sich dann irgendwo aufgebretzelt und umgezogen hat, aber kein zweites Paar Schuhe mitgenommen hat. Über die Dauer unserer gemeinsamen Fahrt betrachtet sie sich im gegenüberliegenden Fenster und fummelt in ihrer Frisur rum.

Als sie in Lichtenberg aussteigen, komplettiert sich das Bild der Karikatur. Er steht auf und beeindruckt mit einem recht eigenwilligen Gang. Er geht mit dem unteren Teil seines Körpers voran … also nicht technisch, so bewegen wir uns ja alle fort ;-), sondern eher physisch… Richtung Tür. Der Oberkörper folgt etwas versetzt. Sie dackelt brav mit ihrem Täschchen hinterher. Beide sind eigentlich nicht hässlich, aber die äußere Erscheinung und das seltsame Gebaren lenken doch sehr davon ab.

Ich liebe es, die Menschen in der U-Bahn zu beobachten, auch wenn ich manchmal Dinge sehe, die nicht hätten in mein Blickfeld treten müssen ;-) Und es ist lustig im Nachhinein noch einmal zu lesen, wer alles unter welchen Umständen Erwähnung in meinem Blog findet. Dann stellt sich mir allerdings die Frage, ob schon mal jemand über mich gebloggt hat. Darüber, dass ich mit der Nase wackel, wenn die juckt oder über andere mir nicht bekannte Auffälligkeiten :-D

Informatiker

Samstag, Oktober 28th, 2006

Neulich war ich im Rechenzentrum – nachdem ich gut drei Wochen auf meinen Login gewartet habe und noch einige andere Dinge zu klären hatte. U. a. habe ich ein längeres Netzwerkkabel besorgt, auf das meine Kolleginnen seit sieben Monaten warten.

Hauptsächlich sprach ich mit einem körperlich recht umfangreichen, bebrillten Herrn, der sehr freundlich und hilfsbereit war. Er ist mit mir mehrfach hin und her gelaufen, um all meine Fragen und Wünsche zu befriedigen, die ich in den drei Wochen zuvor angesammelt hatte. Bei unseren Stationen hatte ich Einblick in mehrere Büros und was soll ich sagen? Die Bewohner und ihre Räume sahen genau so aus, wie man es sich in einem Rechenzentrum vorstellt. Der Schreibtisch meines Gesprächspartners war unter einem Papierberg quasi unsichtbar. Hm,… ich kann mich gar nicht erinnern dort eine Tastatur gesehen zu haben. Der Schreibtisch seines Kollegen hingegen war so leer wie der Rest des Raumes auch.

Beim Netzwerker (so wies ihn das Schild ohne Namen an der Tür aus), der mich in den Besitz des ersehnten Kabels brachte, sah es noch anders aus. Überall lagen Kabel, auf dem Schreibtisch standen die obligatorischen zwei Monitore und ein Laptop und ebenfalls Unmengen von Papier. Im Regal mehrere Mainboard-Verpackungen und Papier – mit und ohne Ordner drumrum. Neben diversem anderem technischem Zubehör standen auch fünf Gläser Kaffeeweißer auf und unter einem zweiten Tisch, von einer Kaffeemaschine war nix zu sehen. Warm und stinkig war es in diesem Büro – ob des Nikotinkonsums des Bewohners. Das Großraumbüro war sehr aufgeräumt und bis auf zwei Bewohner, die sich in einer Ecke versteckten, menschenleer, dafür fand sich auf den Schreibtischen teilweise coole Elektronik.

Und obwohl in dem Gebäude immer viele Studenten sind, die ja auch keine Skrupel haben, einfach irgendwo zu klopfen und blöde Fragen zu stellen, war es süss zu beobachten, wie verlegen der Netzwerker war, dass jemand (oder speziell eine Frau?) so direkt zu ihm wollte. Ich hatte ihm ja schon eine E-Mail geschickt, so dass er wusste, dass ich ein Kabel benötige. Überraschen konnte ihn also nur, dass ich komme und es abholen will. Mit den Worten, er wisse gar nicht, wo er jetzt so schnell eins herbekommen sollte, verschwand er blitzschnell in einem Raum. Ebenso schnell kam er aber auch wieder – mit einem Kabel in der richtigen Länge ;-) Im Anschluss hat er noch eine Weile rumgefreckelt, um mir die PIN für mein Telefon zu sagen, obwohl das vielleicht gar nicht seine Aufgabe war. Ich war also rundum versorgt und hatte alle Informationen, die ich brauchte und die Erlaubnis, mich mit weiteren Problemen vertrauensvoll an meinen ersten Gesprächspartner zu wenden.

An dieser Stelle also noch mal einen Dank an die scheue Spezies der Admins und Netzwerker, die ich viel sympathischer und liebenswerter finde (besonders meinen eigenen!) als zum Beispiel die blöden Bürotussis, die immer (i-m-m-e-r) unfreundlich sind und die sich schon für die eigene Arbeit zu schade sind. So! Denen hab ich´s jetzt aber gezeigt! Den nächsten Sysadmin-Day habe ich auch schon brav im Kalender eingetragen. Fragt sich nur noch, was sie sich zu ihrem Ehrentag wünschen =)