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Es duftet nach Schulzeit

Dienstag, April 17th, 2007

Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit roch es voll schön draußen. Irgendwie nach einer Mischung aus Frühling und frisch Gebackenem – und das hat mich an meine Schulzeit erinnert. Das war eine schöne Zeit, man hatte noch nicht so viel Verantwortung, musste sich keine Sorgen machen und hatte auch ansonsten kaum Probleme. Es sei denn, man hatte sich mal wieder in sich selbst (oder anderen Pubertierenden) verheddert ;-)

Im Sommer bin ich mit dem Rad zur Schule in den nächsten Ort gefahren. Auf dem Weg durch die Ohe war es noch still und die Luft war ganz frisch, obwohl schon bemerkbar war, dass es ein heißer Tag werden würde. Die Strecke fuhr ich meist mit meiner besten Freundin, Anni, – an manchen Morgenden auch gern mit Autopilot, um den Schlaf noch etwas künstlich zu verlängern. In einem älteren Beitrag schrob ich schon mal darüber.

In der Schule herrschte, zumindest in meinen verklärten Erinnerungen, auch so eine heimelige Atmosphäre. Es gab einen Plan für den Tagesablauf, an den wir uns meistens auch hielten ;-). Man wusste, was als nächstes kommt und was zu tun ist. Es ist jetzt nicht so, dass mir das „Erwachsenenleben“ nicht behagt, aber es war alles so herrlich einfach in der Schulzeit. Dumm nur, dass man sich dessen nicht bewusst war und es nicht zu schätzen wusste!

Im Verhältnis zum Leben nach der Schule war das einzige, für das man wirklich selbst verantwortlich war, die Leistung in der Schule, die Hausaufgaben und die Noten. Ok, rein rechtlich gesehen und genauer betrachtet, ist man noch für viel mehr verantwortlich: für seine Habseligkeiten, seine Tiere und sein Tun allgemein in der Gesellschaft z. B., aber das könnten im Zweifelsfall kurzzeitig andere übernehmen oder es entwickelt sich (wie zwischenmenschlicher Umgang) auch von allein. Ganz im Gegensatz zu den Arbeiten für die Schule.

Wenn ich damals gewusst hätte, wie sehr sich ein bisschen mehr Arbeit auszahlen würde, wenn ich damals zu lernen gelernt hätte und hartnäckiger gewesen wäre, wäre heute vieles leichter. Aber ich war und bin nicht ehrgeizig, habe keine Disziplin, mir so lange etwas anzugucken, bis ich es verstanden habe. Ich hab immer gedacht, ich werd´s eh nicht kapieren, dann kann ich´s auch gleich lassen. Dass das nicht stimmt, weiß ich heute zwar, aber die Mühe, die es mir macht, etwas zu verstehen und zu behalten, ist unverändert groß.

Bei schwierigen Hausaufgaben, die genau das voraussetzten, nämlich Konzentration (was bedeutet dieses Wort noch gleich?) und System, war der familiäre Vorrat an Geduld immer rasch verbraucht, gell, Mama?! :-) Ich saß also über meinen Matheaufgaben und hab eigentlich nur ein weißes Blatt gesehen. Da waren einzelne Ziffern, die nach Ansicht der Erwachsenen total logisch angeordnet waren und einen Sinn ergaben. Na, dann rechne mal. Ist doch ganz einfach. Das war immer eine Zerreißprobe, bei der bestimmt nicht nur Mama graue Haare bekommen hat.

Aber immerhin gab es – zumindest in den frühen Jahren – einen Rahmen für diese Arbeiten. Nach der Schule hab ich Hausaufgaben gemacht oder Mappen geführt, wie brave Mädchen das so machen *bg*. Ganz früher sogar noch bei Oma und Opa, zu denen ich nach der Schule immer gegangen bin. Das war auch schön. Da hatten wir noch das Grundstück direkt nebenan und da es keinen Zaun gab, wohnten wir gewissermaßen alle auf demselben.

Was ich so aus Berichten meines Bruders raushöre oder dem Fernsehen entnehmen kann, scheint es heute nicht mehr so selbstverständlich zu sein, dass Hausaufgaben gemacht werden. Bis vor kurzem ist Damion noch zur Ganztagsschule gegangen, wo zwischendurch (mit Betreuung?) Hausaufgaben gemacht wurden. War das so, Dam? Wie ist das jetzt, wo Du Deinen Nachmittag selbst einteilen kannst/musst? Machst du Hausaufgaben (?) immer zur gleichen Zeit?

Ohne, dass ich es wirklich beurteilen kann, habe ich das Gefühl, dass die aktuelle Jugend ziemlich allein gelassen ist in ihrer Freizeit. Hm, ok, das war ich auch, wenn ich´s mir recht überlege… aber das war irgendwie anders. Folgendes – vielleicht etwas überspitztes – habe ich mich gefragt: Ein aktueller Pubertant ist in der Lage sich ungesehen anzuschleichen und den bösen Hobgoblin hinterrücks zu meucheln oder auf eisglatter Piste einen stale-fish tail-grap hinzulegen. Aber kann dieser Jugendliche in der Realität auf einen Baum klettern oder auch nur einen Rodelberg hinab fahren, ohne sich alle Knochen zu brechen? Ja ja, ich sag ja, das ist überzogen.

Davon, ob ich das auf einem Snowboard kann, was ich da gerade so schön beschrieben habe, reden wir nicht ;-) Was ich sagen will ist, dass mir was fehlen würde, wenn ich nicht als Kind durch die Wälder getobt wäre. Und ich hatte das Glück direkt neben einem solchen zu wohnen. Aber selbst wenn man Stadtkind ist und auf Beton gespielt hat – Hauptsache draußen! Nichts gegen Computer! Die Kids sollen sie benutzen, zum Spielen, zum Arbeiten, zum Surfen und auch die soziale Komponente des Internets wird sicher immer ausgeprägter, aber als ausschließliche Freitzeitbeschäftigung möchte ich den PC nicht wissen! Das echte Leben in der echten Welt läuft doch etwas anders ab.

Aber was ist anders als damals? Warum gibt es immer weniger, so der subjektive Eindruck, Anleitung von den Erwachsenen, warum sind die keine Vorbilder mehr? Warum wird auf „Fehlverhalten“ nicht positiv eingewirkt, sondern es wird ignoriert – so es denn überhaupt von Verantwortlichen wahrgenommen wird!?

Zusammengefasst ist mein Eindruck der folgende: Viele – wohlgemerkt nicht alle – Jugendliche wissen außer Fernsehen und Computernutzung nichts mit sich anzufangen, können keine Langeweile ertragen und sich nicht selbständig anders beschäftigen. Schule ist kein Ort, wo man tolle Sachen lernt und sich wenigstens für einen Teil des Stoffes interessiert, sondern ein Ort, um Freunde zu treffen und sich zu unterhalten. Gut in der Schule sein, ist uncool. Falls jemand gegenteiliger Meinung ist oder andere Erfahrungen gemacht hat, freue ich mich über Berichte.

Jetzt bin ich mal wieder weit, weit abgeschwiffen ;-), obwohl ich eigentlich nur sagen wollte, dass die Schulzeit toll war – mit allen Tests und Klassenarbeiten, vor denen immer so eine, teilweise zumindest, prickelnde Anspannung zu spüren war. Die Mathearbeiten waren auch damals schon richtiger Stress und die Prüfungsangst behinderte zusätzlich zum Nicht-Richtig-Können des Stoffs. Der Klassenverband war toll und die Pausen mit den Kumpels auf den (damals neuen) Bänken an der Zaunseite der HPR Winsen/Aller auch. Und es roch schön!

So! Das war ein kleiner Ausflug in Kaddis Kindheit.