flickr ist ein (zu Yahoo gehörendes) Online-Foto-Portal, bei dem ich Bilder veröffentliche, die meine Freunde, die Familie zu Hause und – so ich das möchte – der Rest der Welt sehen soll. Es ist eine tolle Webseite mit tollen technischen Möglichkeiten. Sie ist auch toll, weil ich dort lange durch die Bilder surfen und dabei abschalten kann.
Seit kurzem ist es jetzt aber so, dass für Nutzer aus Deutschland, China, Singapur, Hong Kong
und Korea der Zugriff auf Bilder mittels eines Filters beschränkt ist. Meldet sich jemand aus diesen Ländern mit seiner (inländischen) Yahoo-ID, die unterdessen für alle flickr-accounts nötig ist, an, bekommt er nur noch Fotos zu sehen, die als „unbedenklich“ eingestuft werden. Und das, um den örtlichen gesetzlichen Bestimmungen (des Jugendschutzes) zu genügen.
Nichts gegen Jugendschutz! Ich habe selbst einen kleinen Bruder, den ich vor Dingen, die nicht seinem Alter angemessen sind, beschützen möchte! Aber hallo?! In „jeder“ Werbung sind Brüste, es gab schon Brüste in der Werbung als ich noch klein war; in der Bravo sind regelmäßig Brüste zu sehen und jeder, der in einem einigermaßen normalen Elternhaus groß geworden ist, hat seine Eltern nackt gesehen! Zum Glück, wie ich meine. Aber es geht hier natürlich nicht nur um Brüste.
So lange diese bei flickr veröffentlichten Bilder in einem enger oder weiter gefassten künstlerischem Rahmen bleiben, rechtfertigt absolut nichts diese Zensur. Und ich habe noch keine Bilder dort gesehen (und ich habe danach gesucht!), die ich in diesen Rahmen nicht einordnen würde. Das ist aber auch nicht der Punkt. Und es liegt ohnehin im Auge des Betrachters, was ästhetisch und was pornografisch ist. Auf pornografische oder menschenverachtende Bilder treffe ich im Netz überall – sie nicht anzusehen, ist fast unmöglich. Jeder kommt daran. Auch Kinder – die das Internet teilweise besser bedienen können als ihre Eltern.
flickr ist nun aber – im Gegensatz zu diversen anderen Plattformen – gar nicht dafür angelegt, pornografische oder in anderer Weise (jugend)gefährdende Bilder zu verbreiten. Trotzdem wird es zensiert. Erwachsenen (mir) werden vom Dienstanbieter – nicht etwa vom Fotografen – Bilder vorenthalten, die ich gern sehen möchte; die der Fotograf gerne zeigen möchte. Die Plattform lebt doch von den Fotografen und den Menschen, die die Bilder angucken und kommentieren. flickr lebt doch erst durch die Diskussionen und Kommentare zu den Bildern!
Um noch mal zu dem Maßstab zu kommen, mit dem hier gemessen wird: Ich – und die Kinder, die ggf. mit am „Abendbrottisch“ sitzen – muss mir zu den 20:00 Uhr-Nachrichten seit einiger Zeit Leichen ansehen. Wer „beschützt“ uns davor? Wer nun argumentiert, dass der Tod nun mal zum Leben gehört und dass die Welt nun mal so (grausam) ist, dem muss ich dieses Argument wieder vorhalten: Zum Leben gehört auch Nacktheit und Sexualität und Brüste und Popos. Aber – und da stimme ich dem zu: keine frauen- oder menschenverachtenden Bilder und auch keine Leichen von in Kriegsgebieten ermordeten Menschen und Kindern!
Und in welche Riege von Ländern wird Deutschland da eingereiht?? China? Singapur? Bislang war ich der Meinung, dass sich Deutschland in puncto Meinungs- und Pressefreiheit, Achtung der Grundrechte etc. doch um einiges von China (und den anderen aufgeführten Staaten) unterscheidet. Aber ist das noch so? Speicherung biometrischer Daten, Überwachung, Bundestrojaner, Zensur… alles ein Brei.
Dieses Thema wird natürlich auch ausführlich an anderen Stellen erörtert. Hier ein paar Links:
– Flickr nervt die User bei plOg (dt. mit Erklärungen)
– Keine Zensur-Diskussion bei flickr (dt.)
– Censorship 2.0 bei splitbrain (en.)
– The silly 24 hours of flickr auf alltagskakophonie (dt. mit Erklärungen)
– Ärger um neue Flickr-Filter bei Heise (dt.)
Wenn Du, mein Leser, dich auch gegen diese Zensur aussprechen möchtest, kopiere und verbreite das Bild. Hintergründe und Infos findest du unter den Links und bei atomtigerzoo, vom dem das obrige Bild stammt. Vielen Dank dafür.