Irland Tag 11 und 12

Dienstag, 01.06. (Tag 11)
Auf dem Plan stand in erster Linie ein langes Stück Weg mit nur wenigen Abstechern. Wir wollten am Nachmittag ganz im Norden von Nordirland sein. Von Westport ging aber erst einmal auf der N5 und der R361 nach Boyle und zur Boyle Abbey. Teile der alten Zisterzienser Abtei von 1161 waren eingerüstet, aber sie steht trotzdem Besuchern offen. Der Eintritt ist frei. Am Eingang erwartete uns ein netter älterer Herr, ein pensionierter Geschichtslehrer mit Rohrstock ;-), der uns in kurzen Worten die Geschichte des Ortes näher brachte und auch mit vielen Tipps für die Umgebung aufwarten konnte. Wir erhielten auch Hinweise, auf was wir beim Rundgang achten sollten. Der Kreuzgang des Klosters wird restauriert und eine neue Glasfassade soll den Verlauf der ursprünglichen Mauern zeigen und die Ruine gleichzeitig vor Verwitterung schützen.

Dann ging es weiter über die Straßen N4, 15 und 5 nach Nordirland. Bei Strabane überquerten wir quasi unmerklich die Grenze. Zweiter Zwischenstopp war Derry (auch Londonderry). Von der Straße aus konnte man die Stadt auf der anderen Seite des River Foyle liegen sehen. Wir kurvten eine Weile bis wir einen Parkplatz fanden und machten uns dann an die Erkundung. Ein Stück (vom Butcher’s Gate bis zum Shipquay Gate) flanierten wir auf der vollständig erhaltenen Stadtmauer am Rande des Craft Village entlang, dann noch ein wenig weiter durch die Stadt, vorbei am Tower Museum, der Guildhall und dem Kriegerdenkmal The Diamond.

Zur Nahrungsaufnahme kehrten wir im The Diamond (J.D. Weatherspoon) ein. Der Laden hatte ein etwas seltsames Ambiente. Mit dem (nach Bier stinkenden) Teppich, den Ledersesseln und der großen Treppe hab ich mich ein bisschen wie in einer Mischung aus Casino und dem Hotel aus Fear and Loathing gefühlt. Während wir warteten, dass uns jemand unsere Golfschuhe unser Essen brachte, nutzten wir das freie WLAN. Bestellungen mussten an der Bar aufgegeben und bezahlt werden und die Burger waren ganz gut (wenn man Blauschimmelkäse mag).

Auf A2 und A37 ging es über Coleraine auf einer weiteren Scenic Route an der Küste entlang. Auf den Klippen hinter Portrush stehen die Ruinen von Dunluce Castle (13. Jh.), dessen Küche bei einem Sturm abgerissen und ins Meer gestürzt ist. Obwohl das nachweislich bei mehreren Burgen passiert ist1, fand ich es eine tolle Geschichte. Wir begnügten uns damit, die Ruine von außen zu betrachten, obwohl der Eintrittspreis nur ein paar Euro betrug. Auf einem kleinen Pfad konnte man zwischen die Klippen gehen und dort sowohl die Burg von unten als auch eine Höhle im Fels betrachten, in die von der anderen Seite die Wellen hinein rauschen.

Dann waren wir endlich am Giant’s Causeway. Der Eintritt, der am Parkplatz kassiert wird, hätte bei 6 Pfund pro Auto gelegen2. Da wir aber keine Pfund hatten, sollten wir 7 Euro bezahlen. Beim Wechselgeld hat uns der Typ aber beschissen und wir haben 8 Euro bezahlt. Pech gehabt.

Der Giant’s Causeway ist auf den ersten Blick nur eine Ansammlung von drei verschieden großen Balsaltsäulen-Zungen, die ins Meer reichen, aber es ist ganz nett anzuschauen. In Wahrheit wurde der Damm aber von dem irischen Helden Finn MacCool, seines Zeichens Riese, gebaut, damit er seine Liebste in Schottland erreichen konnte ;-).

Wie wir schon in Island gelernt haben, entstehen die meist sechseckigen Balsaltsäulen beim langsamen Erkalten von Lava. Vulkane gibt es in Irland keine mehr und auch der, aus dem die Lava für den Giant’s Causeway stammte, ist erodiert. So kletterten wir also eine Weile auf den Zeugnissen 60 Millionen Jahre alter Naturgewalten rum und genossen die Aussicht auf die anbrandenden Wellen im Spätnachmittagslicht.

Am Rande von Bushmills fanden wir das Gortnacapple B & B (55 Pfund) eines schon ziemlich alten Ehepaars. Sie waren aber sehr nett und der Mann der Wirtin schien’s war froh, mal wieder jemanden zum Quatschen zu haben. Nach kurzer Zeit konnte ich auch einigermaßen seinen Dialekt verstehen. Von unserem niedlichen Zimmer, hatten wir wieder einen herrlichen Blick auf die Schafwiesen, ein Küstenstädtchen und den wirklich penibelst geschnittenen Rasen des Hausherren. Es roch allerdings extremst nach Blütenduft-Lufterfrischern, die ich auf dem Schrank fand und als erstes mal ins Bad verfrachten musste.

Da wir nicht mit Karte zahlen konnten und keine Pfundnoten hatten, sind wir noch einmal nach Bushmills rein gefahren, um Geld zu holen. In diesem Ort scheint überhaupt nichts los zu sein. Trotz der Whiskey-Brennerei und des nahe gelegenen Causeway war es hier wie ausgestorben. So fuhren wir wieder in unser Quartier, lauschten noch etwas den Erzählungen des Wirts, der uns auf einem Hügel seine ehemalige Farm zeigte und gingen dann schlafen.

Mittwoch, 02.06. (Tag 12)
Im Frühstücksraum hingen Bilder dieser Farm aus verschiedenen Jahren, an denen der Aus- und Umbau gut ablesbar war. Nach dem Frühstück machten wir uns auf zur Destille – der Ort, wo man an einem Morgen vor 10:00 Uhr sein möchte ;-D. Um 10:00 Uhr gehen nämlich im 15 Minuten Takt die Führungen (12 Pfund) los. Anmeldung unnötig. Hugh führte uns herum und erklärte die Prozesse und Gerätschaften. Es roch herrlich nach… tja, nach was eigentlich? Nach Malz, nach Maische, nach Vergorenem? Keine Ahnung. In jeder Halle roch es anders, aber immer irgendwie heimelig. Fotografieren war leider nicht erlaubt während der Führung.

Im Anschluss durften wir einen von 5 oder 6 verschiedenen Whiskeys probieren. Andi hatte einen 12 Jahre alten, ich einen 16 Jahre alten Bushmills Single Malt gewählt. Beide waren sehr, sehr lecker, wobei mir der 12jährige noch besser geschmeckt hat. Gelernt habe ich, dass man Whiskey nie (niemals nie braune Stiefel anziehen) mit Eiswürfeln mischen darf, dafür aber gern mit einem winzigen Schluck Wasser, der das Aroma noch besser hervor bringt. Im Shop kauften wir Creamy Toffees, echte (sauleckere) Plombenzieher. Keinen Whiskey, obwohl ich in Versuchung war.

Nächstes Ziel war die Carrick-a-rede Rope Bridge, eine 25 m lange Hängebrücke, die 20 m über dem Meer hängt. Für 10,80 Pfund durften wir sie überqueren und ein bisschen auf dem kleinen Eiland sitzen, das sie mit dem Festland verbindet.

Nach einem Kaffee-hol-Stopp in Cushendall sind wir durch bis nach Belfast gefahren. Andi wollte Belfast anfangs eigentlich auslassen, auch weil der Reiseführer nichts richtig spannendes zu berichten hatte, aber da wir ohnehin daran vorbei mussten, haben wir natürlich auch angehalten. Zum Glück. Es stimmt zwar, dass die Stadt alleine jetzt nicht so das Highlight ist – es gibt das Rathaus, einige sehenswerte Kirchen und Gebäude, aber sonst nichts, was ins Auge stechen würde. Aber: Belfast hat immerhin eine nicht sehr schöne, aber auch ebenso wenig wegzudenkende Geschichte. Und als wir nach unserem Spaziergang wieder aus der Stadt fuhren, hatte ich das Gefühl, das Wesentliche versäumt zu haben. Ich konnte nicht in Nordirland und nicht in Belfast gewesen sein und nicht die Teile und Viertel der Stadt angeguckt haben, in denen der Bürgerkrieg allgegenwärtig war. Und, nachdem ich davon gelesen hatte, wollte ich die großen Bilder (Murals) an den Hauswänden sehen, die die rivalisierenden Gruppen gemalt hatten – und immer noch malen.

Daher beschlossen wir, am nächsten Tag noch einmal nach Belfast rein zu fahren. Wir hatten gehört, eine Black Taxi Tour sollte uns die gewünschten Informationen und Eindrücke bieten. Nach dieser Entscheidung war ich wieder froh.

Um eine Bleibe zu finden, fuhren wir auf die Ards Peninsula. In Greyabbey hielten bei beim Trasnagh House B & B. Leider war es ausgebucht. Der Wirt bat uns aber herein und suchte uns eine freie Schlafmöglichkeit heraus. Sein Haus wirkte sehr heimelig und er war so herzlich und hilfsbereit – sehr schade, dass wir nicht dort bleiben konnten.

Nach einem Telefonat vermittelte er uns nach Portaferry, das direkt an der Südspitze der Halbinsel und sowieso auf unserem Weg lag. Wir erhielten eine Wegbeschreibung und verabschiedeten uns. Dass wir von ihm eine Karte mit handschriftlichen Ergänzungen bekommen hatten, erwies sich als sehr nützlich, denn ohne hätten wir Adairs B & B (42 Pfund) mit Sicherheit nie gefunden. Das unscheinbare graue Haus ließ überhaupt nicht erahnen, dass es eine Übernachtungsmöglichkeit bietet. Mrs. Adair erwartete uns und wir erhielten ein großes Zimmer. Die Ausstattung hatte schon einige Jahre auf dem Buckel, ansonsten war es ok. Teppich im Bad ist allerdings irgendwie gruselig.

Portaferry selbst ist nichts Besonderes, aber sie haben in der Meerenge ein Gezeitenkraftwerk: SeaGen. Die riesigen waagerechten Rotoren hingen über der Wasseroberfläche und sind mittels Hubsystem in der Höhe verstellbar. Das Ding ist ziemlich cool. In Portaferry gibt es das Exploris Aquarium, das wir aber auch nicht aufgesucht haben.

  1. also, dass irgendwelche Teile samt Klippe ins Meer stürzten []
  2. noch ein Beispiel, bei dem Eintritt für die Natur verlangt wird []

Mir ist ganz  emoticon zumute.

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